Das Ich und die anderen
Sicher kennen Sie das auch: Da begegnen Sie immer wieder diesem Menschen, bei dem Sie das Gefühl haben, dass er Freches und vielleicht sogar Beleidigendes zu Ihnen sagt, oder dass er Ihnen vorschreiben möchte, wie Sie zu handeln haben. Im Gespräch selbst merken Sie das oft nicht sofort, aber wenn Sie im Nachhinein noch einmal darüber nachdenken, fällt Ihnen auf, wie dieser Mensch wieder einen Nadelstich nach dem anderen gesetzt oder versucht hat, Ihnen Vorschriften zu machen. Aus dem Weg können Sie der Person nicht gehen, weil sie zu Ihrem beruflichen oder sozialen Umfeld gehört. Vielleicht haben Sie sogar das Gefühl, dass dieser Mann oder diese bei anderen mehr oder weniger systematisch Stimmung gegen Sie macht. Wie mit so einer Situation umgehen? Besonders dann, wenn Sie eigentlich – gerade momentan in der Zeit des Krieges in der Ukraine – friedvoll sein wollen.
Menschen, die sich Frechheiten gegenüber anderen herausnehmen, werden oft noch frecher, je mehr der andere zurückweicht. So werden Grenzen des Sagbaren verschoben. Am Anfang unmerklich – und irgendwann unerträglich. Ein Patentrezept gibt es nicht. Sich um des lieben Friedens willen alles sagen zu lassen, ist aber ganz sicher nicht die Lösung, sondern schafft zusätzliche Probleme. Und führt zu Selbstverleugnung und damit zu Unfrieden mit sich selbst. Die wichtigste Person in Ihrem Leben sind immer Sie. Nur wenn Sie sich selbst achten und lieben, können Sie andere achten und lieben. Und nur wenn Sie sich selbst gegenüber Respekt haben, können Sie anderen Menschen Respekt zollen. Die Art des Umgangs mit anderen ist eine der größten, aber vielleicht auch spannendsten Herausforderungen in unserem Leben. Mir imponieren Menschen, die Rückgrat haben und die zu ihrer Meinung stehen, auch wenn es unbequem ist. Menschen, die ihre Fahne nicht in den Wind hängen, und die auch bereit sind, über ihre Position zu diskutieren. Wer Rückgrat hat, steht aufrecht! Rückgrat haben ist auch wichtig gegenüber Menschen, die boshaft sind und es sich immer wieder herausnehmen, Gemeinheiten zu sagen und gegen Sie zu intrigieren. Ein deutliches Nein und ein Widerspruch bewirken oft, dass der andere zurückweicht – und sich vielleicht beim nächsten Mal seine Frechheit etwas besser überlegt. Seien Sie dabei aber klar. Der Angesprochene muss unmissverständlich merken, dass Sie nicht bereit sind, seine Unverschämtheiten weiter zu dulden.
Manchmal muss man auch wiederholt Grenzen setzen. Sie müssen dabei nicht selbst unverschämt sein, denn eigentlich geht es Ihnen ja um Frieden – besonders um Frieden mit sich selbst. Formulieren Sie Ihr Nein oder Ihren Widerspruch in Ihren Worten und in Ihrer Art – denn nur in Ihren Worten und in Ihrer Art sind Sie auf gewohntem Terrain und damit sicher. Wenn Sie lernen, auch ein Nein oder einen Widerspruch deutlich zu formulieren, werden Sie niemals Respekt verlieren – und Sie werden ganz sicher an Selbstachtung und an Respekt vor sich selbst gewinnen!